Samstag, 14. September 2013

Postadresse im Ausland


Sich selbst auf dem Silbertablett dem ausgehungerten Abmahnpöbel präsentieren oder dem europäischen Irrsinn den Rücken kehren und eine Postadresse im Ausland mieten? Vor dieser Entscheidung stehen nicht wenige freiheitsliebende Mitbürger oder Netzunternehmer, welche sich immer mehr einem Vorschriftenwirrwarr ausgeliefert sehen, das selbst der Gesetzgeber nicht mehr beherrscht.

Unvergessen ist die gesetzgeberische Meisterleistung, als der amtliche Mustertext einer Widerrufsbelehrung der Bundesregierung, den auch viele Branchenführer verwendeten, nach verschiedentlich vertretener Ansicht rechtswidrig war. So führte das Landgericht Köln zum Az.: 31 O 13/07 mit Beschluss vom 20.03.2007, aus, dass auch die Übernahme des Wortlauts der Widerrufsbelehrung aus der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV gegen einen Abmahner nichts nützen konnte, weil § 14 Abs. 1 BGB-InfoV lediglich auf das Muster nur für Widerrufsbelehrungen in Textform verwies. Dass für die Wettbewerbswidrigkeit nach § 4 Nr. 11 UWG maßgeblich auf § 312 d Abs. 2 BGB und nicht auf die Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV abzustellen war, ergab sich demnach auch aus dem Sinn und Zweck der bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen modifizierten Widerrufsfrist.

Die zusätzliche Voraussetzung für den Lauf der Widerrufsfrist in § 312 d Abs. 2 BGB, dass die Ware beim Kunden eingegangen ist, diene dem Schutz des Verbrauchers um sicherzustellen, dass dieser die im Internet bestellte – vor dem Kauf nicht unmittelbar besichtigte - Ware vor Ablauf der Widerrufsfrist hinreichend prüfen könne. Dementsprechend sei der Schutz von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV zu versagen, wenn sich ein Fehler konkret zum Nachteil des Verbrauchers auswirke. Weil aber der auf die Richtigkeit der Widerrufsbelehrung vertrauende Kunde deshalb davon ausgehen werde, dass ihm eine geringere Zeitdauer zum Widerruf verbleibe, als es das Gesetz tatsächlich vorsehe, sei deren Verwendung wettbewerbswidrig.

Für die Berechtigung des mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruchs sei unerheblich, ob auf die umfassende Gesetzeskonformität und Vollständigkeit des Musters gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV vertraut werde, denn der Unterlassungsanspruch aus den §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG setzte lediglich objektiv rechtswidriges, nicht aber schuldhaftes Verhalten voraus. Ein etwaiger Verbotsirrtum, ob vorwerfbar oder nicht, sei daher unbeachtlich. Alles klar? Mit anderen Worten: Selbst wenn der Gesetzgeber die Orientierung verliert, rechtswidrige Muster verbreitet und sich der Unternehmer auf die Gültigkeit des Gesetzes verlassen hat, müssen Abmahnkosten an den Abmahnhai gezahlt werden. Deshalb: Raus aus dem Land der Meinungs- und Unternehmerfeinde.

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