Mittwoch, 2. Oktober 2013

Erst Öl, dann Wasser - begehrte Rohstoffe im Visier der Macht

Auf dem Weltenergiemarkt neigt sich die Dominanz der OPEC-Staaten dem Ende entgegen. Um 2020 wird die USA größter Netto-Exporteur von Erdgas sein. Bis 2035 sollen die USA auch beim Erdöl zum Selbstversorger werden. Die kommende Spitzenstellung im Energiesektor verdanken die USA den unkonventionellen Reserven von Rohstoffen in Öl- und Gasschiefer. Es handelt sich um verschiedene Arten von öl- und gashaltigem Gestein. Allerdings wird für die Erzeugung eines Fasses Öl in der Schieferölgewinnung die dreifache Menge an Wasser benötigt.

Aber auch Wasser ist ein immer knapper werdender Rohstoff, der Begehrlichkeiten nicht nur auf dem amerikanischen Kontinent weckt. Der Acuífero Guaraní in Südamerika ist ein über 1.200.000 Quadratkilometer großer Grundwasserleiter unter den Ländern Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Der Acuífero Guaraní ist eine der größten unterirdischen Süßwasserreserven der Welt. Er liegt in einer geologischen Formation, die das Flusssystem des Río Paraná, Río Uruguay und Río Paraguay einschließt, eine Oberfläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern umfasst und die in etwa der Fläche von Frankreich, Spanien und Portugal zusammen entspricht. Davon gehören 840.000 km² (~70 % der Gesamtfläche) zu Brasilien, 225.500 km² (~19 % der Gesamtfläche) zu Argentinien, 71.700 km² (~6 % der Gesamtfläche) zu Paraguay und 58.500 km² (~5 % der Gesamtfläche) zu Uruguay. Insgesamt wird in ihr ein Gesamtvolumen von 55.000 Kubikkilometern Süßwasser vermutet. Die jährliche Entnahme durch die etwa 15 Millionen Einwohner in der Region wird auf lediglich 200 Kubikkilometer geschätzt.

Der amerikanische Kontinent mit zwölf Prozent der Weltbevölkerung verfügt über 47 Prozent der weltweiten Wasserreserven und das Acuífero Guaraní stellt einen erheblichen Anteil dieser Reserven. Von den negativen Folgen einer Wasserkrise wären auch Deutschland und die EU betroffen. Wegen der zunehmenden Trockenheit droht in Südeuropa eine Landflucht, Teile der Landwirtschaft rund um das Mittelmeer könnten kollabieren. Im Nahen Osten schwinden die Süßwasser-Reserven dramatisch. Entlang der Flüsse Euphrat und Tigris sind zwischen 2003 und 2010 Reserven mit einem Volumen von 144 Kubikkilometern verloren gegangen. Etwa 60 Prozent der Verluste in Teilen der Türkei, Syriens, Iraks und Irans werden auf das übermäßige Abpumpen des Wassers zur Versorgung der Bevölkerung zurückgeführt. Israelische Siedler verbrauchen im Schnitt bis zu 350 Liter täglich. Palästinensern steht nur ein Zehntel dieser Menge zur Verfügung. Von den rund 650 Millionen Kubikmeter von erneuerbarem Grundwasser des Westjordanlandes, die jährlich genutzt werden, verbraucht Israel 80 Prozent.

Bis zum Jahr 2015 wird sich die Zahl der Menschen weltweit verdoppeln, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Die Vereinten Nationen sagen für das Jahr 2025 voraus, dass die Nachfrage nach Trinkwasser das Angebot um 56 Prozent übersteigen wird. In den letzten zehn Jahren haben die großen Wassermultis wie Suez/Ondeo, Vivendi/Veolia oder RWE Thames Water weite Teile der Wasserversorgung weltweit unter ihre Kontrolle gebracht und es wird befürchtet, dass in circa 10 Jahren etwa 75 Prozent dieser Ressource von nur wenigen Monopolisten kontrolliert wird. Die US-Amerikanische National Science Foundation NSF hat ein Programm aufgelegt um die gesamte Cuenca del Plata, wie die ein Viertel der südamerikanischen Landfläche überziehende Zone der Wasserreserven vom Amazonas bis zum Río de la Plata genannt wird, zu erforschen. Finanziert wird das ganze auch von Coca-Cola und Nestlé, dem weltweit größte Anbieter von Flaschentrinkwasser.

Die Privatisierung des Trinkwassers ist weltweit in vollem Gange. Die Wassergesellschaft einer südafrikanischen Provinz drehte nach der Privatisierung denen, die zu arm waren, ihre Rechnungen zu bezahlen, die Hähne zu. Als die Menschen daraufhin verschmutztes Flußwasser tranken, brach eine Choleraepidemie aus. In der argentinischen Provinz Tucuman stiegen die Wasserpreise nach der Privatisierung um 104 Prozent. In Ghana zwangen Weltbank und Währungsfonds die Regierung, die Subventionierung der Wasserpreise aufzugeben und eine Privatisierung der Wasserversorgung vorzubereiten. Der Wasserpreis verdoppelte sich. In der drittgrössten Stadt Boliviens, Cochabamba, wurde im Frühjahr 2000 das städtische Wasserunternehmen an den US-Konzern Bechtel verkauft. Fünf Menschen starben nach Protesten gegen die Wasserprivatisierung.

Schon im Oktober 2004 haben die Bürger Uruguays in einer Volksabstimmung mit 64 Prozent der gültigen Stimmen für das Recht auf Wasser in der Verfassung gestimmt. Diese musste anschliessend geändert werden und enthält seitdem die Garantie, dass der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen ein grundlegendes Menschenrecht ist und vom Staat als öffentliche Dienstleistung gewährleistet werden muss. Uruguay ist damit das erste Land der Welt, in dem das Recht auf Wasser durch Plebiszit Verfassungsrang erhielt. Mit dieser Volksabstimmung wurde in Uruguay die Souveränität der natürlichen Ressource Wasser gegen die Angriffe internationaler Konzerne gesichert und ein Signal für die Wasserpolitik in ganz Südamerika gesetzt.

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